Zoom-Yoga für Senioren/innen am Tablet
Während des Lockdowns musste das Hamburger Rote Kreuz auch die Angebote in seinen Service-Wohneinheiten herunterfahren. Durch eine Spende des bundesweiten DRK-Corona-Nothilfefonds konnten die Yoga-Kurse in vier Bergedorfer Anlagen jedoch online gehen.
„Wenn ich Yoga mache, bin ich ein paar Tage richtig gut drauf“, sagt Karin Niemann und strahlt. Und weil heute Mittwoch ist und damit Yoga-Tag in der Bergedorfer Service-Wohnanlage am Wiesnerring 45, ist die 78-Jährige schon früh auf den Beinen. Eine dreiviertel Stunde vor Beginn der Stuhlgymnastik steht die gebürtige Mecklenburgerin mit ihrem Stock vor dem DRK-Büro am Eingang des Hauses. Fröhlich begrüßt die alte Dame ihre Wohnbereichsleitung und Yoga-Lehrerin: „Guten Morgen, liebe Gabi, guten Morgen, liebe Anja!“ „Guten Morgen, liebe Karin“, antworten Gabriele Gauger und Anja Meier-Zallin, natürlich mit Mund-Nase-Schutz und ausreichend Abstand. „Wir sind hier alle per Du“, erklärt Anja Meier-Zallin, dann wendet sie sich wieder an ihre Schülerin: „Karin, es kann heute etwas später werden, wir haben noch ein kleines technisches Problem.“
Normalerweise trifft Anja Meier-Zallin ihre zehnköpfige Yoga-Gruppe vom Wiesnerring 45 jeden Mittwoch Punkt neun Uhr im großen Gemeinschaftsraum oder auf der Sonnenterasse. Die sind seit dem zweiten Lockdown im Herbst 2020 jedoch geschlossen. Alle Angebote fallen aus: Gymnastik, Spielen, Malen, Klönschnack oder Kaffeetrinken – alles wartet auf die Lockerungen des Hamburger Senats. Nicht so „Yoga auf dem Stuhl“. „Wir machen das jetzt über Zoom“, erklärt Anja Meier-Zallin. Und das funktioniert so: Die DRK-Mitarbeiterin kommt mit den Tablets in die Wohnanlage und fährt so viele Geräte hoch, wie sie für sich und ihre Teilnehmerinnen benötigt. Kurz vor Beginn der Online-Stunde verteilt Gabriele Gauer die Tablets in den Wohnungen. So können alle die Yoga-Lehrerin per Video-Konferenz-System Zoom auf ihrem Stuhl im Gemeinschaftsraum turnen sehen und hören. Die 37-jährige Anja Meier-Zallin hat wiederum alle Mitturnerinnen auf ihrem eigenen Tablet im Blick. „Wie bei meinen privaten Yogastunden“, sagt die zweifache Mutter, selbstständige Yoga-Lehrerin und hauptberufliche Pflegeberaterin der DRK-Sozialstation Lohbrügge. Allerdings ist die ausgebildete Pflegefachkraft privat nicht für die Technik ihrer Teilnehmerinnen verantwortlich. Beim Senioren-Yoga des DRK-Service-Wohnen schon.
Die Tablets sind eine Spende des bundesweiten DRK-Corona-Nothilfefonds. Fachbereichsleiterin Anja Hannemann hatte sich dort beworben und den Zuschlag für 15 Geräte erhalten. „Das war die Geburtsstunde unserer Online-Kurse“, berichtet Yoga-Lehrerin Meier-Zallin. Allerdings hatte niemand die zusätzlichen Kosten für die 15 Prepaid-Karten bedacht. Die Senioren-Wohnanlagen haben in der Regel kein W-Lan und so benötigt jedes Tablet eine SIM-Karte für das Streaming. „Ausgerechnet heute ist das Datenvolumen aufgebraucht“, sagt Anja Meier-Zallin und seufzt. Der Anbieter ist erst ab neun erreichbar, also müssen sich Karin Niemann und ihre Mitturnerinnen noch etwas gedulden. „Kein Problem“, sagt die yogabegeisterte Bewohnerin und geht behutsam zurück in ihre eigene Wohnung.
Eine halbe Stunde später ist das Problem gelöst. Alle Karten sind aufgeladen, das Streaming funktioniert, Anja Meier-Zallin sitzt auf einem Stuhl im Gemeinschaftsraum, auf ihrem Bildschirm erscheinen fünf Frauen. „So, ihr Lieben“, sagt die Anleiterin und lächelt freundlich in die Kamera, „könnt ihr mich hören?“ Alle nicken, winken oder heben die Daumen. „Dann kann es ja endlich losgehen.“ Die Expertin für Senioren-Yoga atmet tief ein und aus. Dann beginnt sie mit sanfter Stimme zu reden: „Setz dich auf deinen Stuhl. Lehn dich zurück und atme ganz genüsslich ein und aus.“ Und so beginnt doch noch eine ganz normale Yogastunde auf dem Stuhl mit Arm- und Fußkreisen, Recken und Strecken, Vorbeugen und Aufrollen, Bein- und Schulterübungen, Verdrehungen der Wirbelsäule und vor allem: bewusstem Atmen. Anja Meier-Zallin turnt spiegelverkehrt vor, gibt Anweisungen und Hinweise, kontrolliert und spornt an: „Ein bisschen dynamischer, Mädels“, ruft sie und: „Vergesst das Atmen nicht!“ Zwischendurch fragt sie die stummgeschalteten Turnerinnen: „Alles okay bei euch?“ Jedes Mal gehen die Daumen hoch. Am Ende der Stunde genießen alle die Entspannungsübungen und Meditation. „Nächste Woche treffen wir uns vielleicht auf unserer schönen Terrasse“, sagt Anja Meier-Zallin. Darauf freuen sich alle, denn gemeinsam macht Yoga doch mehr Spaß. Fachbereichsleitung Anja Hannemann überlegt derweil, wie sie die Kooperationspartner des Service-Wohnen vom Ausbau des W-Lan-Netzes in ihren Häusern überzeugen kann.